Mehrgenerationen

Senioren machen mobil

Was heißt hier eigentlich „Ruhestand“? Nie war die Generation 60 plus so aktiv und gesund wie heute.

Mehrgenerationen artikel

Die Alten von heute möchten sich engagieren – und zwar am liebsten in ihrer Nachbarschaft. 66 Prozent der Befragten über 60 geben an, dass sie Lust haben, mit Nachbarn gemeinsam etwas anzupacken. 32 Prozent bestätigen sogar, dass sie sich gerne viel stärker für ihr Wohnumfeld engagieren würden, als dies bisher der Fall ist – ungenutztes Potenzial, das nachdenklich stimmt.

Menschliches Grundbedürfnis

„Statt Integration und Initiative begegnet man in Quartieren nicht selten Vereinsamung und Vereinzelung“, sagt Erdtrud Mühlens von Netzwerk Nachbarschaft. „Dabei ist es ein menschliches Grundbedürfnis, für andere da zu sein.“ Mühlens verweist  auf die Untersuchungen des Soziologen und Mediziners Professor Klaus Dörner. In seinem Buch "Leben und sterben, wo ich hingehöre“ fordert der Experte vehement Alternativen zu Pflege- und Altenheimen. Vonnöten sei die Rückbesinnung auf aktive, generationenübergreifende Nachbarschaft. Dieser – nach Familie und Staat – so genannte „dritte Sozialraum“ gewinnt in einer immer älter werdenden Gesellschaft zukünftig immens an Bedeutung.

Neue Kultur des Zusammenlebens

Tolle Beispiele, wie Nachbarschaft mit Alt und Jung gelingt, finden sich schon heute allerorten. Mühlens: „Wegweisend sind sogenannte Mehrgenerationenprojekte. Hier helfen die Älteren durch Babysitting, Hausaufgabenhilfe oder Patenschaften für Grünanlagen. Im Gegenzug übernehmen die Jüngeren für die Älteren Einkäufe oder Fahrdienste und bekochen auch mal bei Krankheit.“ Einen Schritt weiter geht man beim „Nürnberger Weg“: Im bayerischen Vorzeigeprojekt ist es Usus, dass die Hausgemeinschaft füreinander da ist, selbstbestimmt und selbstorganisiert. Das Besondere: Brauchen ältere Nachbarn intensivere Hilfe, werden freie Dienstleister hinzugezogen. Das Mehrgenerationenwohnen ist mittlerweile so erfolgreich, dass die Lebenshilfe als Trägerverein bereits weitere Standorte nach demselben Konzept errichtet. Horst Schmidbauer, Lebenshilfe-Vorstandsvorsitzender: „Wir brauchen keine neuen Heime, sondern eine neue Kultur des Zusammenlebens.“

Tragende Säule

„Ältere Menschen sind häufig eine tragende Säule für gute Nachbarschaft“, betont die Gründerin von Netzwerk Nachbarschaft. „Gefragt sind mehr Kommunikation und Wertschätzung zwischen den Generationen, mehr Mut zur Initiative von Alt und Jung. Für diesen Mut, den ersten Schritt für aktive Nachbarschaft zu tun, macht sich unser Netzwerk stark.“