Kultur

Das Gedächtnis unserer Viertel

In der Stadt wie auf dem Lande gilt: Geschichte lebt! Stadtteilarchive, Nachbarschaftsmuseen und Co. machen das mit ihrem vielfältigen Engagement deutlich.

FHXBMuseum Artikel

Geschichtswerkstätten, Stadtteilarchive und Nachbarschaftsmuseen sind die Gedächtnisspeicher unserer Quartiere: Kleine Alltagsgeschichten und große Geschichtsschreibungen werden in den sorgfältig gesammelten oder kreativ in Szene gesetzten Erinnerungsstücken lebendig. Bei der Schaustellung setzen die Nachbarschaftschronisten auf alle Sinne: Anfassen und Ausprobieren stehen genauso auf der Agenda wie das Zuhören, Mitmachen, Quatschen und Schmökern!

Quatschen und Schmökern

St. Pauli ist bekannt wie eine bunte Kuh und das weit über Deutschlands Grenzen hinaus: Die Reeperbahn, den Fußball, den Hafen und die Landungsbrücken kennen viele. Doch der Stadtteil hat auch jenseits der gängigen Attraktionen einiges zu bieten: „Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man sich mit seiner Wohngegend identifiziert, sonst werden Viertel austauschbar und ausgeraubt. Wenn wir uns in unserem Stadtteil wohlfühlen, dann engagieren wir uns auch für die Gemeinschaft und setzen uns für Projekte ein“, so Gunhild Ohl-Hinz, die sich seit 30 Jahren im St. Pauli-Archiv engagiert. Im Archiv setzen sich Nachbarn und Interessierte aktiv mit der Geschichte und Gegenwart des vielfältigen Viertels auseinander – so entsteht ein Raum zum Austausch und zur Gemeinschaftsbildung. Neben wechselnden Ausstellungen zu spezifischen Themen, dem gut sortierten Archiv und Rundgängen durch St. Pauli veröffentlichte die selbstorganisierte Geschichtswerkstatt sogar die ein oder andere Publikation!

Anfassen und Ausprobieren

Noch nie auf einem Waschbrett das fleckige Hemd gewaschen oder mit einem Schleifblock Getreide geschrotet? Dann ab nach Jänickendorf! In ihrer „Museums-Scheune“ hat die Dorfgemeinschaft die Türen ihres eigenen Heimatmuseums geöffnet. Im in Eigenregie renovierten und ausgestatteten Speicher können Besucher und Nachbarn eine echte Zeitreise in die letzten 200 Jahre des ländlichen Lebens machen - von staubigen Vitrinen und gedämpften Stimmen ist keine Spur. Stattdessen probieren sich Jung und Alt an den schweren Geräten und Maschinen vergangener Zeiten aus und erwecken sie dabei zu neuem Leben! Klar, dass früher nicht alles besser war. Deshalb bemüht sich der Verein auch um ein stärkeres Geschichtsbewusstsein, aus dem die heutige Generation lernen kann.

Zuhören und Mitmachen

In Berlin Kreuzberg entstand vor einigen Jahren ein partizipatives Projekt zwischen Bewohnern des Quartiers und dem Friedrichshain Kreuzberg Museum: In der Ausstellung „Ortsgespräche – Ferngespräche – Ortsgeschichten“ können sich Besucher per Kopfhörer auf die persönlichen Routen der Menschen, die in Kreuzberg und Friedrichshain leben, begeben: zu Orten mit denen die Bewohner ihre Erinnerungen verbinden, die sie für typisch für den Bezirk halten oder an denen sie etwas besonderes erlebt haben. Dabei arbeitet das Museum mit vielen unterschiedlichen Nachbarn jeden Alters und Herkunft zusammen.

Ehrenplatz redlich verdient!

„Die einfallsreichen und vielfältigen Beispiele der engagierten Nachbarschaftschronisten zeigen deutlich, dass die Geschichten unserer Mitmenschen einen exponierten Ehrenplatz verdienen! “ findet Erdtrud Mühlens vom Netzwerk Nachbarschaft. Dabei übernehmen Stadtteilarchive und Co. auch eine tragende Rolle, was das gegenseitige Verständnis füreinander und den Diskurs über das, was in der Nachbarschaft passiert,  angeht. Wir sind überzeugt: Wer erfährt, welche Erfahrungen und Herausforderungen das Gegenüber erlebt und gemeistert hat, begegnet sich auf Augenhöhe!

  

Mehr über die kreativen Chronisten:

www.st-pauli-archiv.de/

www.fhxb-museum.de/index.php?id=199

www.museumsscheune-jaenickendorf.de/