Mehrgenerationen

Die beste Zutat: Gute Gesellschaft!

Ernährungsexperte Dr. Rainer Wirth erklärt, welche „Zutaten“ auf dem Speiseplan älterer Menschen nicht fehlen sollten.

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Möglichst lange gesund bleiben und bis ins hohe Alter selbstbestimmt leben – das wollen die meisten. Im fortgeschrittenen Alter fällt jedoch das Einkaufen und Kochen schwer. Vielfach ordern daher ältere Nachbarn „Essen auf Rädern“. Doch die schlechte Bewertung von Stiftung Warentest  – 2,5 als Bestnote – gibt zu denken. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind zwar zwei Drittel der Kunden mit der Dienstleistung und dem Mahlzeitenangebot „sehr zufrieden“ (DGE 2012), das mag aber auch daran liegen, dass es an einer Alternative mangelt.

Gute Gesellschaft hält gesund

Ein wesentlicher Faktor kommt zu kurz: die Gesellschaft beim Essen. Das betont auch Pflegefachwirt Frank Albohn von „JULEMA, Agentur für Lebensgestaltung im Alter“ aus Frankfurt  am Main. „Das gemeinsame Kochen und Essen und die gute Konversation sind wichtige Punkte im Tagesablauf der Älteren. Denn sie sorgen dafür, dass die Mahlzeiten mit Freude und Appetit eingenommen und nicht ‚vergessen’ werden!“ Ernährungsexperte Dr. Rainer Wirth, Arzt und Mitglied der Gesellschaft für Geriatrie (DGG) weist auf den fatalen Kreislauf hin, den es bei älteren Menschen zu durchbrechen gilt. Alleinstehende Senioren, so der Experte, würden für sich selbst nicht gerne kochen. Durch Krankheiten und Medikamente nähme die Appetitlosigkeit zu, diese führte zu Mangelernährung, Muskelabbau und erhöhter Sturzgefahr. „Gerade im Alter ist eine energiedichte Nahrung mit viel Eiweiß für Muskeln sehr wichtig, genauso wie Vitamine und Ballaststoffe“, so Wirth.

Wenn Nachbarn für Nachbarn kochen

Wer als Nachbar positiven Einfluss auf die gesunde Ernährung seiner älteren Mitbewohner nehmen will, achtet daher auf die entsprechenden Zutaten – und auf gemeinsame Mahlzeiten! Laut aktueller Umfrage von Netzwerk Nachbarschaft (März 2014) planen rund ein Viertel der Nachbarn eine Kochgemeinschaft ins Leben zu rufen.

Im Nachbarschaftstreff am Walchenseeplatz in München wird das bereits umgesetzt. Ziel der Nachbarn ist die rundum bessere Versorgungsqualität für die älteren Mitbewohner. Ihr Konzept „Die Erbsenzähler“ stellt gemeinsames Kochen auf das Programm. „Wir tauschen nicht nur Rezepte aus, sondern auch persönliche Erfahrungen und Geschichten“, betont Katharina Wiese, die das Projekt als Ernährungsberaterin begleitet. Die Anwohner zwischen 20 und 70 Jahren erfahren hier, wie man sich für wenig Geld (max. 2 Euro) gesund ernähren und ganz nebenbei den generationsübergreifenden Austausch pflegen kann.

Gesunde Ernährung in lebendiger Nachbarschaft – lautet auch das Motto der Nachbarschaft Gessin aus Mecklenburg Vorpommern. Gegen einen geringen Betrag können hier alle Gessiner am geselligen Essen teilnehmen, das im Dorfgemeinschaftshaus wochentags angeboten wird. Die Integration und Versorgung der älteren Nachbarn ist hier selbstverständlich, jeder achtet auf jeden.

Auch in der Kölner Südstadt zelebrieren drei Familien regelmäßig eine gemeinsame Abendmahlzeit. Seit sechs Jahren wechseln sich die Nachbarn aus einem Mehrfamilienhaus mit dem Kochen ab und zaubern jeden Mittwoch ein köstliches 3-Gänge-Menü. Darauf freuen sich alle  – vom Teenager bis zum Großvater.

Wir fragen Sie...

Was können Nachbarn tun, um die gesunde Ernährung der älteren Mitbewohner zu unterstützen? Ideen und Erfahrungen kommen allen Nachbarn zugute! Schreiben Sie uns an info@netzwerk-nachbarschaft.net!

  

Weitere Informationen:

Interview mit Dr. Rainer Wirth

Porträt der Nachbarschaft in Gessin