Bauen & Wohnen

Gefährlicher Mitbewohner: Schimmel

Unliebsame Mitbewohner: So können sich Nachbarn im Kampf gegen Schimmelpilze gegenseitig unterstützen.

Netzwerk Nachbarschaft befragt Frank Mehlis, Dipl. Medienpädagoge und Baubiologe.

Herr Mehlis, wie verbreitet ist Schimmelpilz im Wohnbereich?

Laut unseren Schätzungen sind über 80 Prozent der deutschen Haushalte, mindestens im Keller, mit Schimmelbildung belastet.

Sie sagen, das Auftreten von Schimmelpilzen sei ein Nachbarschaftsthema. Warum?

Bei Untersuchungen stellen wir häufig fest, dass Schimmelbildung nicht eine Wohnpartei alleine betrifft. Beispielsweise wenn ein Rohrbruch mehrere Etagen in Mitleidenschaft gezogen hat oder schlechte Bausubstanz zu Wärmebrücken führt. Das sind Bauprobleme, von denen meist mehrere Nachbarn betroffen sind. Was häufig unbekannt ist: Der Schimmelpilz selbst ist unsichtbar für unser Auge und lebt im Material als Fadengebilde. Sichtbar sind nur seine Fruchtkörper, die Sporen. Das bedeutet, dass der Schimmel schon lange sein Unwesen treiben kann, ohne dass wir ihn sehen.

Was müssen Eigentümer oder Mieter tun, wenn sie Schimmel in ihrem Haus oder in der Wohnung feststellen?

Sie sollten den Schaden erfassen, fotografisch und mit einem Schadensprotokoll, das folgende Fragen beantwortet: Wann trat der Schimmel erstmalig auf? Kommt er regelmäßig wieder und wenn ja, zu welcher Jahreszeit? Wird der Befall kontinuierlich größer? Diese "Checkliste" gilt es mit dem Nachbarn zu besprechen. Stellt der ebenfalls Schimmelbefall bei sich fest, kann man dem Problem gemeinsam zu Leibe rücken. Mieter sollten in jedem Fall rasch den Hauseigentümer informieren, da es sich um einen Versicherungsschaden handeln könnte.

Sie sagen, gute Nachbarschaft sei für die Arbeit des Baubiologen von großem Vorteil. Warum?

Bleiben wir beim Beispiel Schimmelpilzbefall. Einzelwohnungen in Mehrfamilien-  oder Reihenhäusern sind Teil eines großen Ganzen, denn oft betreffen bauliche Maßnahmen ganze Gebäudekomplexe. Wenn der Befall in mehreren Wohneinheiten in ähnlichem Umfang festgestellt wird, ist oft eine gemeinsame Ursache gegeben. Die Bewohner können dann gemeinsam eine Begutachtung durch einen Baubiologen beauftragen und durch eine Gefährdungsbeurteilung ihre Gesundheit schützen. Durch die gemeinschaftliche fachgerechte Behebung der Schäden können Nachbarn sehr viel Geld sparen. Das trifft für Wohnungseigentümergemeinschaften, Mietergemeinschaften und Nachbarn in Siedlungen gleichermaßen zu.

Warum gibt es überhaupt soviel Schimmelpilze in unserem Wohnumfeld und wie kann man dem Schimmel vorbeugen?

Schimmelbildung hat besonders in den letzen Jahrzehnten durch falsch eingesetzte Baustoffe, Sorglosigkeit bei der Wohnraumnutzung und nicht zuletzt durch Bauschäden zugenommen. Die Ursachen sind breit gefächert: Schlampig installierten Regenrinnen und Wasser führende Leitungen, mangelhafter Luftaustausch durch zu starke Isolierung der neuen Fenster, Behandlung der Wandoberflächen durch falsche Oberflächenmaterialien. Statt Kalk-, Silikat-  oder Lehmfarben, die die Luftfeuchtigkeit gut regulieren, werden vermehrt wasserdichte Tapeten und Dispersionsfarben mit extremen Kunststoffbeimengungen benutzt. Auch eine luftdichte Bauweise fördert Schimmelbildung.
Baubiologen haben diese Problematik schon früh erkannt. Seit Kurzem erhält die Baubiologie auch durch offizielle Stellen wie das Umweltbundesamt (UBA) Rückendeckung: Schimmelpilze werden als ernstzunehmendes Gesundheitsproblem gesehen, eine Sanierung sollte nur noch durch Fachkräfte durchgeführt werden.

  

Was tun gegen Schimmelpilz im Wohnraum?

Nachbarn sind keineswegs wehrlos gegen Schimmel – diese nützlichen Tipps helfen, den ungebetenen Gast loszuwerden.

  • Bei massiver Schimmelbefall müssen die Profis ran. Baubiologen analysieren die Ursache, bewerten den Schimmelpilzbefall in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen und sprechen Sanierungsempfehlungen aus.
  • "Kleine" Schimmelflecken können nach der Begutachtung bzw. mikrobiologischer Analyse oft schon mit Hausmitteln wie Alkohol (Isopropanol 70%ig, erhältlich in der Apotheke) beseitigt werden. Wichtig: Bei der Anwendung unbedingt mit Haushaltshandschuhen und Mundschutz arbeiten!
  • Regelmäßiges Stoß- oder Querlüften hilft, Schimmel durch Wärmebrücken zu vermeiden.  Im Winter reichen wenige Minuten "Durchzug".
  • Alle Räume, auch die Schlafzimmer,  sollten "temperiert" sein, d.h. 17-18°C. Sonst führt beim Öffnen der Tür  die  warme Luft aus der Wohnung an ausgekühlten Wänden zu Kondensat- und somit zu Schimmelpilzbildung.
  • Achten Sie darauf, dass die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung nicht zu hoch ist. Ideal ist eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent. Die Gefahr der Schimmelbildung beginnt bei einem Wert über 70 Prozent. Die Luftfeuchtigkeit sollte mit einem Hygrometer kontrolliert werden.
  • Baufeuchte durch aufsteigende oder drückende Feuchtigkeit kann durch Drainagemaßnahmen rund um das Haus gemildert, aber selten behoben werden. Entscheidend für ein gesundes Raumklima sind atmungsaktive und gesunde Baustoffe im Innenraum.
  • Eine gute Wärmedämmung bzw. eine systemische  Isolierung der Außenwände hilft, Schimmelbildung zu vermeiden. Vor allem aber gilt: Lassen Sie nur Profis ran!
 

 

  

Weitere Informationen:

Pressemitteilung des Verbandes Baubiologie

www.verband-baubiologie.de