Bauen & Wohnen

Krach unter Nachbarn? Ein Lösungs-Beispiel aus der Praxis

Wie ein Nachbarschaftskonflikt durch Mediation friedlich lösen können? Mediator Wilhelm Eßer schildert ein Beispiel aus seiner Praxis.

Konflikte loesen checkliste„Frau M. und Frau S., wandten sich an uns mit  folgendem Problem: Über Frau M. wohnte Herr A., ein libanesischer Student mit Frau und Kind und einem weiteren Mann in einer Ein-Zimmerwohnung. Über Lärmbelästigung (Türenschlagen, lautes Fernsehen und Musik, Kindergeschrei, nächtliches Türklingeln) hatten sie sich schon mehrfach beschwert und auch schon Hausverwaltung und Polizei eingeschaltet. Wir als Mediatoren waren Frau M.’s letzte Hoffnung.

Wir haben zum darauffolgenden Treffen auch Herr A. eingeladen. Er schilderte nun seine Situation: Er bewohne mit seiner Schwester und ihrem Kind das Ein-Zimmer-Appartment, sein Bruder habe bis vor kurzem mit ihnen dort gelebt. Er studiere tagsüber und arbeite nachts. Da er nur einen Haustürschlüssel habe, den jedoch seine Schwester brauche, müsse er klingeln, um reinzukommen. Die Hausverwaltung reagiere jedoch nicht auf seinen Wunsch nach einem weiteren Schlüssel. Seine Schwester spreche kein deutsch, kenne niemanden in der Umgebung und traue sich nicht raus. Deshalb bliebe sie tagsüber mit dem Kind zuhause, sehe fern oder höre Musik. Es tue ihm leid, seine Nachbarn gestört zu haben und er werde mit seiner Schwester darüber sprechen.

Wir stießen eine Diskussion darüber an, was Nachbarschaft für jeden einzelnen bedeutet sowie über die Unterschiede im kulturellen Kontext. Dabei spielten besonders die unterschiedlichen Bedürfnisse nach Ruhe und Aktion eine Rolle.

Frau M. und Frau S. zeigten Verständnis für die Situation ihres Nachbarn A. und alle trafen gemeinsam Vereinbarungen: Frau M. übergab Herrn A. ihren zweiten Haustürschlüssel und machte gemeinsam mit Frau S. und Herrn A. Druck bei der Hausverwaltung, um einen zweiten Schlüssel für Herrn A. zu bekommen. Die Musikanlage wurde zum Dielenboden hin gedämpft. Frau M. bot Herrn A. an, seiner Schwester und ihrem Kind den nahe gelegenen Kinderspielplatz zu zeigen. Bei zu lauter Beschallung durch Musikanlage oder Fernseher wurden Herr A. und seine Schwester in die Wohnung von Frau S. gebeten, um den Geräuschpegel einschätzen zu können, den sie verursachten. Türen wurden ab sofort nicht mehr zugeknallt, sondern leise geschlossen.
Dass es gelungen ist, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen, war in diesem Fall die größte Leistung der Mediatoren. Das anschließende ausführliche Gespräch half allen Parteien, die andere Seite zu verstehen und hatte zur Folge, dass beide Parteien bereit waren, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Unser Ratschlag, Person und Sache zu trennen, half, den Groll auf die andere Partei in lösungsorientiertes Handeln umzuwandeln.“

  

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