Bauen & Wohnen

Die Interessen hinter den Positionen herausfinden

Im Interview erläutert Wilhelm Eßer, Sozialwissenschaftler und Mediator, wann eine Mediation notwendig wird und worauf es ankommt, damit sie Erfolg hat.

Wilhelm Eßer, Mediator bei klären & lösen

Wann ist bei einem Nachbarschaftskonflikt der richtige Zeitpunkt für eine Mediation gekommen?


Genau dann, wenn eigene Versuche den Konflikt zu klären nicht erfolgreich waren, also Gesprächsangebote verweigert wurden, keine Ergebnisse brachten oder sich trotz Ergebnis nichts an der konflikthaften Situation ändert.

Haben Sie Tipps für Nachbarn, wie sie Konflikte lösen können?

Ganz wichtig ist es, so früh wie möglich Differenzen anzusprechen. Und zwar nicht zwischen Tür und Angel. Man sollte um ein Gespräch bitten. Während des Gesprächs gilt es, nur von sich zu sprechen und nicht den anderen zu beschuldigen und sich immer zu bemühen, Person und Sache voneinander zu trennen. Versuchen Sie, sich in den anderen hineinzuversetzen und die Interessen hinter den Positionen herauszufinden.

Wie verhalte ich mich, wenn mein Nachbar seinem Treppen- oder Schneedienst nicht nachkommt?

Jeder kennt das: Je länger ich mich über etwas ärgere, desto schwieriger wird es, angemessen zu reagieren. Deshalb die Situation so schnell wie möglich ansprechen. Bitten Sie um ein Gespräch. Es sollte folgende Elemente beinhalten: Genaue Beschreibung dessen, was mich stört, ohne Übertreibungen und Verallgemeinerungen. Nicht: „Nie putzen Sie die Treppe“, sondern „vor drei Wochen und in der letzten Woche haben Sie die Treppe nicht geputzt“. Dann darüber reden, was das für mich oder die Hausgemeinschaft bedeutet: „Ich möchte mich in dem Haus wohlfühlen und sicher die Treppe benutzen können. Ich finde es schade, wenn wir nicht gemeinsam dafür sorgen.“ Darauf folgt die Äußerung eines Wunsches, der erfüllbar und spezifisch sein sollte: „Deshalb wünsche ich mir, dass Sie in der nächsten Woche dafür sorgen, dass die Treppe geputzt wird.“ Im weiteren Gespräch sollten Sie die Gründe herausfinden, warum dem Treppendienst nicht nachgekommen wurde und dann versuchen, gemeinsam daran zu arbeiten.

Wie verhalte ich mich, wenn mein Nachbar bei mir klingelt und sich in ungehaltenem Tonfall beschwert, dass ihn meine laute Musik schon seit geraumer Zeit stört.

Nicht gleich kontern, sondern aktiv zuhören. Das bedeutet, dass ich das Gehörte erst einmal wiedergebe, um zu überprüfen, ob ich es richtig verstanden habe und um der anderen Seite zu signalisieren, dass ich ihr Anliegen verstanden habe. Dann in einem ruhigen Gespräch aushandeln, wann der Nachbar besonders ruhebedürftig ist, und vielleicht über Möglichkeiten der Lärmdämmung nachdenken. Ziel sollte es sein, gemeinsam eine Lösung herbeizuführen, die den Bedürfnissen beider Seiten gerecht wird. In unserem Fall wären dies zum einen das Bedürfnis, in einer bestimmten Lautstärke Musik zu hören, und zum anderen das Ruhebedürfnis. Wichtig ist immer, die Person nicht anzugreifen, sondern gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie beide ihre Bedürfnisse bestmöglich ausleben können.