Gelebtes Motto: Wohnen mit Freu(n)den
Wie wird aus einer ehemaligen Kfz-Halle ein gemütliches Zuhause? Die eindrucksvolle Antwort auf diese Frage ist in Mülheim an der Ruhr zu besichtigen. Dort hat die Nachbarschaftsinitiative „Wohnen mit Freu(n)den" auf einem alten Militärgelände ein ungewöhnliches Wohnprojekt verwirklicht.
„Sofort kaufen!" Dieser Empfehlung ihres Architekten folgte die Nachbarschaftsinitiative „Wohnen mit Freu(n)den" nur allzu gern. 1999 erwarb die Gruppe eine Kfz-Halle auf einem ehemaligen Kasernen-Gelände und baute das riesige Gebäude zu einem Mehrgenerationenhaus um. „Die Grundidee war und ist, mit Freunden in einer größeren Gruppe zusammenzuleben und gemeinsam alt zu werden", sagt Brigitte Pawlik, die „Wohnen mit Freu(n)den" gemeinsam mit neun anderen Nachbarn mitbegründet hat. Ihr Wohnkonzept tüftelten die künftigen Nachbarn zunächst im engeren Kreis aus, durch Mundpropaganda gesellten sich bald weitere Interessenten dazu. „Netzwerken in Reinform", wie Brigitte Pawlik sagt.Stolperstein Finanzierung
Als die Stadt Mülheim im Rahmen eines Architekturwettbewerbs die Halle zum Verkauf anbot, zögerten die Nachbarn nicht lange. Sie schlossen sich zu einer GbR zusammen und reichten ihr Konzept für den Wettbewerb ein. Prompt machten die Nachbarn den ersten Platz und durften das Gebäude kaufen. Damit stand die nächste Herausforderung schon vor der Tür. „Wir haben gemeinsam insgesamt über neun Millionen DM in das Projekt investiert. Zwei Banken lehnten eine Kreditvergabe ab, erst die Dritte konnten wir von unserer Idee überzeugen", berichtet Brigitte Pawlik. Da es sich rechtlich neben der GbR um eine Eigentümergemeinschaft handelt, musste jeder Nachbar einen Einzelkredit aufnehmen.
Zurück zu Muttern
Ihr neues Domizil unterzogen die Nachbarn einer Komplettsanierung. Neben einem neuen Dach waren eine 18 Zentimeter dicke Außenhaut aus Styropor sowie dreifach verglaste Fenster fällig. In der eingeschossigen Halle zogen die Nachbarn eine zweite Decke ein, so entstanden vom Single-Appartment bis zum Riesenloft 22 Wohneinheitenund eine Gemeinschaftswohnung mit insgesamt 2.745 Quadratmeter Fläche. Die Nachbarn freuten sich auf ihr neues Zuhause – und fanden zum vereinbaren Einzugstermin eine Baustelle vor. „Einige von uns mussten zum geplanten Einzugstermin vorübergehend zu Freunden oder Verwandten ziehen, weil die Baufirma während der Bauphase Konkurs anmeldete und die Wohnungen nicht rechtzeitig fertig wurden", erinnert sich Brigitte Pawlik.
Alles passend im Ruhr"pott"
Diese Anstrengungen sind heute längst vergessen. Heute wohnen rund 50 Menschen im Alter von fünf bis 72 Jahren dort, wo früher Militärfahrzeuge parkten. Im großen Gemeinschaftsraum finden regelmäßig Veranstaltungen wie z.B. der traditionelle DVD-Abend oder das Yoga-Training statt. Wer sich einmal ausklinken möchte, erntet keine schiefen Blicke, jeder bringt sich so stark in die Gemeinschaft ein, wie er möchte. Oder wie Brigitte Pawlik sagt: „Wenn gewollt, findet „jeder Pott 'nen Deckel."