Interview

Sensible Nachbarschaft: Generationsübergreifend

Christine Haderthauer ist Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Sie sensibilisiert in Bayern für das Thema Generationszusammenhalt und beginnt damit in der Nachbarschaft.

 

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Eine persönliche Frage: Was war Ihr schönstes Nachbarschaftserlebnis?

Am schönsten fand ich immer zu wissen, dass meine Nachbarn auch spontan einspringen, wenn einmal Not am Mann war, zum Beispiel bei der Kinderbetreuung oder im Krankheitsfall.

In welchen gesellschaftlichen Bereichen kann gute Nachbarschaft richtig viel bewirken?

Wo Menschen sich nah sind, sind ganz viele gesellschaftliche Bereiche betroffen. Ich denke da an die Nachbarn, die kurz auf ein Kind aufpassen, wenn es einmal zeitlich eng ist oder für ältere gebrechliche Nachbarn die Einkäufe erledigen oder einfach nur im Winter den Gehsteig freiräumen. Ein weiterer Aspekt von Nachbarschaft ist für mich das Zusammenleben von Menschen aus fremden Ländern und anderen Kulturen und denen, die schon immer hier leben. Gelebte Nachbarschaft und aktives Miteinander fördert das kulturelle Verständnis für Menschen verschiedener Herkunft, die in Bayern ihre Heimat gefunden haben. So z.B., wenn Nachbarn neu zugezogene Familien willkommen heißen, egal ob sie aus Aschaffenburg oder Asien kommen. Eine gute Nachbarschaft kann nicht von oben verordnet werden, sondern muss vor Ort tagtäglich gelebt werden.

Welche Aktionen von Nachbarn beeindrucken Sie besonders?

Es ist die Solidarität im Kleinen, die mich beeindruckt und die die Nachbarschaft bewahrt und zusammenhält. Mich beeindruckt z.B., wenn sich Nachbarn für andere einsetzen und einander helfen. Die Selbsthilfe hat in Bayern Tradition. Noch relativ wenig bekannt ist die Sozialgenossenschaft, dabei bauen Bürger gemeinsam z.B. Nachbarschaftshilfen oder Unterstützungsprojekte für Jugendliche auf. Um diese zu fördern, hat das Bayerische Sozialministerium in diesem Sommer den Expertenrat „Sozialgenossenschaften – selbst organisiert“ ins Leben gerufen.

In welchen Bereichen kann die Politik Nachbarschaftsgemeinschaften stärker fördern?

Eine gute Nachbarschaft leistet unwahrscheinlich viel und bringt verschiedene Generationen zusammen. Zum Beispiel bei einem Straßenfest, bei dem sich Jung und Alt treffen. Eines meiner Kernanliegen ist es daher, für das Thema Generationenzusammenhalt in Bayern zu sensibilisieren. Wir wollen das Miteinander der Generationen stärken – und das beginnt vor der Haustür! Unsere Gesellschaft verändert sich, viele Menschen bleiben kinderlos und unverheiratet oder haben ihre Kinder nicht mehr in der Nähe. Genau hier setzt eine gute Nachbarschaft an. Wir alle sind uns oft gar nicht so bewusst, welche Ressourcen hier verborgen sind. Das Sozialministerium unterstützt deshalb Kommunen beim Ausbau von Räumen und Strukturen (z.B. Mehrgenerationenhäuser), in denen sich verschiedene Generationen begegnen oder sich austauschen können.

Warum sind Sie selbst eine gute Nachbarin?

(lacht) Das weiß ich nicht, da müssen Sie meine Nachbarn fragen….