Wettbewerb

Stricken gegen den Leerstand

„Hier ist doch nichts los!“ Das wollten die Nachbarn im nordrheinwestfälischen Neukirchen-Vluyn nicht mehr hören. Sie beschlossen, ihre von Leerstand betroffene Fußgängerzone so lebendig zu gestalten, dass sie viele Besucher anlockt. Dieses Ziel verfolgten sie mit Stricknadeln und bunter Wolle: Sie strickten ein leerstehendes Haus ein und verwandelten die Fußgängerzone in eine Märchenstraße, die inzwischen weit über die Grenzen Neukirchens hinaus bekannt ist.

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Bildquelle: Netzwerk Nachbarschaft/Ute Gabriel

 

„Wir wollen erreichen, dass die Hochstraße wieder auflebt und neue Ideen entstehen, um die Leerstände zu belegen“, sagt Martha Schlothmann. Gemeinsam mit 13 anderen Frauen zwischen 66 und 92 Jahren besuchte sie acht Schulklassen und brachte den Schülern das Stricken bei. Der Plan der Nachbarn: die gesamte Fußgängerzone in eine Märchenstraße zu verwandeln – passend zu dem Märchenfestival, das alle zwei Jahre in Neukirchen-Vluyn stattfindet. Gemeinsam strickten sie ein leerstehendes Haus ein, das als „Dornröschenschloss“ schnell zur Attraktion in der Umgebung wurde. Sie sprachen Anwohner und Ladenbesitzer in der Straße an und die machten spontan mit und stellten ihre Fenster zur Verfügung. Die Nachbarn stellten darin Märchenmotive auf und strickten Bänke und Bäume ein.

Mit 5.000 Euro geht’s weiter

Am 19. Oktober überreichten Guido Pfeffer, Geschäftsführer des hagebaumarkts Stewes in Dinslaken, und Andreas Fleischmann von Netzwerk Nachbarschaft den Nachbarn ihren Preis: Einen Scheck über 5.000 Euro und den „Janosch-Oscar“, ein von Janosch gestaltetes Straßenschild. Guido Pfeffer lobte das Engagement der Neukirchener: „Sie haben Ihren Dorfkern zu neuem Leben erweckt. Heute kommen die Menschen aus dem ganzen Umland in Ihre Fußgängerzone um das in Strickwerk gehüllte ‚Dornröschenschloss’ zu bestaunen.“ Mit dem Preisgeld wollen die Nachbarn die Belebung ihrer Fußgängerzone weiter vorantreiben: Anwohner, Einzelhändler und Gastronomen stellen ihre Geschäfts- und Privaträume für kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung. Martha Schlothmann freut sich: „Die ersten Gäste kommen schon aus dem Ruhrgebiet und dem gesamten Niederrhein um das ‚Märchenschloss’ zu besichtigen. Vielleicht ist ja jemand dabei, der ein neuer Nachbar werden möchte!“