„Kleine Dinge bewirken Großes“
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Herr Baaske, was war Ihr schönstes Nachbarschaftserlebnis? Wo Nachbarn sind, ist Eintracht ein Vermögen wert. Ich lebe ländlich – und freue mich, wenn der Zaun nach nebenan weniger hoch ist und das Gespräch über ihn hinweg möglich. Zu unseren Nachbarn haben wir nur niedrige Hecken, die wir gemeinschaftlich pflegen. Dem Heckenschnitt folgt dann der gemütliche gemeinsame Grillabend. In welchen gesellschaftlichen Bereichen kann gute Nachbarschaft richtig viel bewirken? Ich würde da nichts ausklammern. Schön, wenn sich Gemeinsinn entwickelt, ohne, dass man sich dabei auf den Geist geht. Das kann die gemeinsame Hausgarten-Aktion sein, die Instandhaltung des Spielplatzes, der sommerliche Grillabend, das Multi-Kulti-Straßenfest. Typische Situationen, die Zusammenhalt, Freundschaft und Vertrauen schaffen. Aber auch der Blick darüber hinaus ist wichtig: Wissen wir, welcher Nachbar unsere Hilfe braucht? Und ob er sie will? Kümmern wir uns um die alte Frau, den gebrechlichen Mann, die seit Tagen nicht zu sehen waren? Ich meine, es sind die „kleinen Dinge“, die hier Großes bewirken. Welche Aktionen von Nachbarn beeindrucken Sie besonders? Die uneigennützige Selbstverständlichkeit, mit der viele über den eigenen Tellerrand hinaus schauen und handeln. Wärme, Mitgefühl, Hilfe kommen oft auf leisen Sohlen – und machen den Tag schöner. Ist doch toll, wenn der „freche Bengel“ von nebenan plötzlich der Schwangeren die Einkaufstüte hoch trägt oder dem Rolli-Fahrer die Fahrstuhltür aufhält. Wie steter Tropfen den Stein höhlt, leben gute Nachbarn einander – und generationsübergreifend Solidarität vor. So entsteht ein „Wohlfühl-Klima“ für alle, das allen mehr Lebensfreude verschafft. Und das wiederum wirkt mit positiven Effekten weit in die Gesellschaft hinein. Darin sehe ich den Hauptsinn guter Nachbarschaft. Wie kann die Politik Nachbarschafts-Gemeinschaften stärker fördern? Pauschal gesagt: Durch eine gute Politik – sozial gerecht, wirtschaftlich effizient, Zukunft für alle sichernd. Verordnen lässt sich da nichts; gute Nachbarschaft kann nur „von innen“ heraus und auf dem Fundament eines solidarischen gesellschaftlichen Klimas wachsen. Politik muss Voraussetzungen schaffen für ein lebenswertes Wohnumfeld, eine funktionierende Infrastruktur. Sie kann und muss das Miteinander fördern, indem sie z.B. Nachbarschafts-Aktivitäten würdigt, ihnen öffentliche Aufmerksamkeit und gesellschaftliche Anerkennung gibt. Sie muss klar machen, dass Individualität zwar wichtig ist, aber „Ellenbogen“ kein typisches Instrument menschlichen Zusammenlebens sein sollten. Warum sind Sie selbst ein guter Nachbar? Ob ich es tatsächlich bin, weiß ich nicht. Denn die Wahrheit über einen Menschen erfährt man am besten von den Nachbarn. Also muss man sie fragen. Aber als friedlicher Mensch will ich auch friedliche Nachbarn haben. Deshalb ist für mich der zwanglose, freundschaftliche Umgang mit den Menschen jenseits meines Zuhauses selbstverständlich. |