Bei Bedarf sofort zur Stelle – Hilfe unter Nachbarn!
Vor allem in Notsituationen haben die Menschen von nebenan eine Sonderstellung: Sie sind schnell vor Ort. Netzwerk Nachbarschaft gibt Helfenden wichtige Tipps.
„Meine Nachbarin war sofort zur Stelle,“ erzählt Linda Orth (69) aus Bonn. Wegen eines Bandscheibenvorfalls lag sie nahezu unbeweglich in ihrer Wohnung, konnte sich nur durch lautes Rufen bemerkbar machen. Ihr Vorteil: Die Nachbarin hatte einen Schlüssel zu ihrer Wohnung. Laut Umfrage von Netzwerk Nachbarschaft ist das kein Sonderfall. Jeder Vierte vertraut heute schon seinen Schlüssel dem Nachbarn an, bei den über 60-Jährigen macht es sogar jeder Zweite. Eine gute Entscheidung, meint Erdtrud Mühlens vom Netzwerk Nachbarschaft. „Das Bedürfnis, in der Nachbarschaft sicher aufgehoben zu sein und in Notsituationen Hilfe von nebenan zu erhalten, nimmt mit dem Alter deutlich zu.“
Häusliche Unfälle nehmen im Alter deutlich zu
Gerade in den eigenen vier Wänden passieren die meisten Unfälle. Eine glatte Stufe, ein loser Teppich oder ein herumliegendes Kabel sind häufige Stolperfallen.Rund fünf Millionen Stürze zählt die Statistik jedes Jahr allein unter deutschen Seniorinnen und Senioren. Etwa ein Drittel der über 65-Jährigen, die noch im eigenen Haushalt leben, stürzt mindestens einmal pro Jahr, bei den über 90-Jährigen ist es mehr als die Hälfte. Die jährliche Sturzquote von Menschen, die in Heimen leben, liegt noch höher. Laut Untersuchungen steigt das Risiko eines erneuten Sturzes mit zunehmendem Alter deutlich. Oft führt die Angst vor einem Sturz dazu, dass besonders ältere Betroffene ihre körperliche Aktivität drastisch einschränken.
Gute Nachbarschaft hält gesund
Diesen Teufelskreis zu durchbrechen ist das Ziel zahlreicher Nachbarschaftsprojekte. Die Nachbarinnen und Nachbarn schauen gemeinsam, wie sich das Risiko von Unfällen von vornherein verringern lässt und wie sie als Gemeinschaft vor allem auch der Vereinsamung entgegenwirken können. So machen es beispielsweise die Bewohnenden von Gemeinschaftswohnprojekten wie „Lebensräume in Balance e.V.“ in Köln-Ostheim oder "Spiegelfabrik" in Fürth. Jeder bringt sich ein und ist für den anderen da, sei es bei Krankheit oder wenn ganz schnell mal Hilfe bei der Kinderbetreuung gebraucht wird. In vielen deutschen Städten bringt das Projekt „Wohnen für Hilfe“ Alt und Jung auf besondere Weise zusammen: StudentInnen bieten SeniorInnen Gesellschaft und Alltagshilfe und erhalten dafür von den SeniorInnen kostenlosen Wohnraum. So können sich ältere Menschen sicher sein, dass ihnen in Notfällen schnell geholfen werden kann.
Erste Hilfe zu Hause
Netzwerk Nachbarschaft stellt Projekte vor, die Anregungen und konkrete Einblicke in ihre Netzwerke geben. Dass man sich über den Gesundheitszustand der alleinlebenden NachbarInnen informiert, bei Bedarf Kontakt mit den Angehörigen aufnimmt und Absprachen trifft, ist in vielen Nachbarschaften bereits Praxis. „Wir wollen den Mehrgenerationen-Zusammenhalt in Nachbarschaften fördern und Anregungen für den Lebensalltag geben“, sagt Erdtrud Mühlens. Für Interessierte stellt das Netzwerk jetzt die Checkliste „Erste Hilfe für Nachbarn“ bereit.
Weitere Informationen: Wohnen für Hilfe, bundesweit |